Corpus Delicti
von Juli ZehIrgendwann Mitte des 21. Jahrhunderts. Die Menschen sind von Krankheiten befreit. Höchstes staatliches Ziel ist die Gesundheit. Die METHODE, eine Gesundheitsdiktatur, kontrolliert mittels implantierter Chips die biologischen Daten der Menschen und gibt ihnen ihre Lebensweise vor. Alles, was der Gesundheit schadet, ist strengstens verboten. Negative Gefühle wie Trauer, die das Seelenleben destabilisieren, sind keine Privatsache und sollten schnellstens überwunden werden.
Mia Holl, eine junge Biologin, vernachlässigt aus Schmerz um ihren toten Bruder die Gesundheitsregeln und muss sich vor Gericht verantworten. Ihr Bruder Moritz soll eine Frau ermordet haben. Trotz seiner Unschuldsbeteuerungen wurde er verurteilt und nahm sich im Gefängnis das Leben. Mia beginnt an der Unfehlbarkeit der METHODE zu zweifeln, weil sie an die Unschuld ihres Bruders glaubt. Ihre Fragen und ihre Abweichung vom gesunden Lebensweg werden immer weiter kriminalisiert, bis sie schließlich zur Terroristin erklärt wird.
Juli Zeh schrieb 2007 das Theaterstück und 2009 den Roman »Corpus Delicti« und fragt darin: Welches Menschenbild pflegen wir, welche Werte sind uns wichtig und welchen Preis zahlen wir dafür? Ihr Science-Fiction-Szenario hat seinen Ursprung im Heute: Man ist bereits dazu aufgerufen, an der Perfektionierung der eigenen Person zu arbeiten. Themen wie Gesundheitswahn, Biopolitik, Körperoptimierung und Werteverfall
verwebt die Autorin mit einem Gerichtsdrama zu einem spannenden Plot und zeigt, wie sich unter dem Deckmantel staatlicher Fürsorge ein totalitäres System entwickelt.